Reisebericht O-09 großer Ostseetörn 15. – 28.06.2017
Donnerstag, 15.06.2017
Erwartungsvoll stehen 22 Mitsegler und 15 Besatzungsmitglieder (davon 10 ehrenamtlich, HfK) bei der Begrüßung am vorderen Mast. Dabei viele alte Bekannte die schon öfter mitgesegelt sind. Nach dem Ablegen fahren wir bei wenig Wind und sehr warmen Wetter nach Nexö. Dort sind wir zu einer Segelveranstaltung eingeladen, als Kulisse. Die Nacht konnten wir gut durchsegeln mit zeitweise über 6 kn.
Gegen 11:20 Uhr am Freitag ist die „GREIF“ in Nexö fest. Wir mussten erst noch im Hafen verholen. Am Nachmittag und am Sonnabend Open Ship. Wir waren froh in Nexö wieder duschen zu können. Die Seewasseraufbereitungsanlage ist defekt. Also Wasser sparen. Wir nutzten die Zeit für Farbarbeiten. Der GTS-Niederholer war am Schornstein durchgebrannt. Bootsmann Micha musste auf die Großsaling und ihn wieder anspleissen. Viele Mitsegler haben sich die Stadt angesehen. Gegen 16:00 Uhr Leinen los und Kurs Danzig, 160 sm.
Sonntag, 18.06. bei herrlichem Wetter mit 4 – 5 kn über die Ostsee. Die Stimmung unter den Mitseglern ist sehr gut. Am Nachmittag frischt der Wind auf. Mit Mittel- und Innenklüver,Fock, Mars, Bram, Großstag-, Großstengestag- und Großsegel erreicht die „GREIF“ bis zu 9,5 kn. Das macht richtig Spaß. Die See war auch unruhiger geworden und einige Mitsegler waren froh als wir um die Spitze der Halbinsel Hel in die Danziger Bucht einliefen. Um 23:35 Uhr dann „Fall Anker“ auf Danzig Reede 1. Voller Vorfreude auf die Stadt Danzig warteten wir auf die Einlaufgenehmigung.
Seit 08:45 Uhr am Montag, 19.06. ist der Anker klar zum Hieven. Kapitän Rollo verzweifelt am Telefon. Auf polnischer Seite fühlt sich niemand zuständig. Er wurde von einer Telefonnummer zur anderen verwiesen. Bei dem 8. Anschluss nahm dann niemand mehr ab. Nach dem erfolglosen Versuch einen Liegeplatz in Gdynia zu bekommen wurden dem Schiff der Hafen Hel angeboten. Um 13:35 Uhr ist der Anker in der Klüse und wir fahren nach Hel. Ein Hafen den das Schiff zum ersten Mal anläuft. Bis in die 90iger Jahre war hier militärisches Sperrgebiet. Der Empfang durch die örtliche Hafenbehörde war sehr freundlich. Das kleine Fischerdorf Hel hat einen herrlichen Strand, der Touristen anlockt. Das Zentrum ist so gut wie Autofrei, dafür gibt es viele Elektrotaxi. Wir konnten Strom über den Landanschluss bekommen und Trinkwasser bunkern. Hel sollte in den Törnplan für den Sommer aufgenommen werden. Mit der Bahn oder mit einer Fähre ist man in 110 min. in Danzig.
Dienstag, 20.06.2017 13:00 Uhr Ablegen. Der Wind drückt das Schiff an die Pier. Die Kraft des Bugstrahlers reicht nicht aus. Erst als wir nach achtern verholt hatten um vor mehr Platz zu haben und die Rahen umgebrasst waren kamen wir mit Hilfe des Bugstrahlers nach Bb. von der Pier weg. Der Wind kommt ca. 30° von Bb. Mittel- und Innenklüver, Großstag- und Großstengestagsegel sind als Stützsegel gesetzt. Entfernung bis Visby etwa 200 sm.
Die Nacht zum Mittwoch ist sehr windig. Bei 1,5 – 2 m Wellenhöhe stand Rasmus öfter an Oberdeck und einige Mitsegler/ HfK zollten ihm Tribut indem sie die Fische füttern. Für die unruhige Nacht wurden wir mit einem herrlichen Sonnenaufgang belohnt. Am Morgen beruhigte sich der Wind und die See. Wir konnten Mars, Fock und Bram setzen, später auch noch das Großsegel. Am Nachmittag schläft der Wind ganz ein und die „Dieselfock“ (Hauptmaschine) treibt das Schiff voran. Abends wieder etwas Wind, Segel wieder gesetzt. Heute ist Mittsommernacht. Zum Tageswechsel dümpeln wir mit 1 – 2 kn vor uns hin.
Der Glutrote Sonnenaufgang am Donnerstag, 22.06.2017 entschädigt etwas für die lange Weile in der Nacht. Der Liegeplatz in Visby ist erst für Freitag bestellt. Es sind nur noch knapp 50 sm. Die Mitsegler haben den Kapitän überzeugt schon heute in Visby einzulaufen. Um 16:00 Uhr war die „GREIF“ in Visby fest. Nachdem der Kapitän vom Hafenmeister zurück kam haben wir das Schiff per Hand nach achtern verholt um Platz für ein finnisches Traditionsschiff zu schaffen. Visby muss die Hafengebühren geändert haben. Nicht mehr 4800 SK sondern nur noch 2100 SK (210 €) für den zweiten Tag. Der erste Tag ist frei. Wasser und Landanschluss inbegriffen.
Eckbert sorgte am Freitag, 23.06.2017, für frische Brötchen. Es war der erste Tag der Mittsommerfeier in Visby. Viele Menschen waren unterwegs, schön angezogen und die Frauen mit Blumen im Haar. Heinz hatte eine Gotlandflagge im Internet besorgt. Leider hatte der Versand eine nordisch aussehende Fantasieflagge geliefert. Nachdem Spaziergänger uns darauf aufmerksam machten wurde die schwedische Gastlandflagge gesetzt. Hiobsbotschaft: Sturmwarnung für die nächsten Tage. Entschluss des Kapitäns: Rückfahrt durch den Kalmar Sund. Die Durchfahrthöhe für die Brücke über den Kalmar Sund vom Festland zur Insel Öland ist verringert worden. Wie hoch ist die „GREIF“ wirklich? Auf Bitte von Rollo enterte Jan mit einem 30 m Bandmaß in den Großtopp auf um die Schiffshöhe auszumessen. Rene assistierte ihm dabei. Ergebnis: einschließlich Antenne und Blitzableiter 29,80 m. Wir können also durch die Brücke fahren.
Am Sonnabend, 24.06.2017, um 09:00 Uhr auslaufen. Vorher ein großes Problem. Eckbert wollte die bestellten Brötchen abholen. Doch wegen Mittsommer öffnete das Geschäft erst um 10:00 Uhr. So musste Lutz Fertigbrötchen aufbacken. Während der Fahrt Richtung Kalmar Sund kam ein großer schwedischer SAR-Hubschrauber um mit unserem Schiff das Abseilen eines Retters zu üben. Leider funktionierte eine Seilwinde nicht und der Pilot musste das Manöver abbrechen. Es war sehr imposant diesen großen Hubschrauber etwa eine halbe Stunde über unserem Achterdeck schweben zu sehen. Dabei fuhren wir weiter auf unserem Kurs. Wir wollen weiter nach Kalmar, haben aber noch keinen Liegeplatz. Deshalb sind wir gegen 22:00 Uhr vor Anker gegangen.
Sonntag 25.06.2017 06:30 Uhr Wecken und 07:00 Uhr Anker auf. Schlechte Nachrichten vom Kapitän, ein Sturm kündigt sich an der bis Montag mittags noch stärker werden soll und keinen Liegeplatz in Kalmar. Also Schiff klarmachen zur Schlechtwetterfahrt. Die Strecktaue wurden gespannt und die Schoten für die Stagfock bereitgelegt. 10:26 Uhr passieren wir die Brücke über den Kalmar Sund, ein imposantes Bauwerk. Sie war einmal die größte Brücke Europas und verbindet die Insel Öland mit dem Festland. Die GREIF passt gut durch. Am Abend stellen wir fest, dass der Sturm ausgeblieben ist, doch der nächste Sturm soll laut Wettervorhersage kommen. Kapitän Rollo hat sich entschlossen diesen unter Land in der Hanö Bucht abzuwettern. Um 23:58 Uhr ist der Anker gefallen und die Kette trägt, vor dem kleinen Ort Hörvig auf Pos. 56° 58,8´N und 016° 35,3´E. an der Stb.-Seite sehen wir die Orte Karlshamn und Ronneby.
Montag, 26.06. morgens nach dem Wecken und Frühstück gehen wir Anker auf und fahren Richtung Heimat. Es sind noch etwa 100 sm bis Lauterbach. Der Sturm ist ausgeblieben und Kapitän Rollo verzweifelt an den Wettervorhersagen. In Lauterbach sollten wir am späten Dienstagnachmittag sein und zum Abschluss der Fahrt einen Grillabend gestalten. Dank der Smartphon konnte die Telefonnummer von EDEKA in Lauterbach ermittelt werden. Heinz konnte 48 Steaks und 60 Bratwürste bestellen. Am Nachmittag ist das Bornholms Gatt (die Meerenge zwischen Schweden und Bornholm) erreicht. Zu den vier üblichen Schratsegeln sind Fock und Mars gesetzt und der Wind treibt die GREIF mit 2,5 kn voran.
So können wir doch noch segeln, in den Dienstag, 27.06. hinein, wieder mit einem sehr schönen Sonnenaufgang im NO. In Lauterbach war Detlef Heller an der Pier und hat die Leinen entgegengenommen. Jan und Heinz haben schnell die Arbeitssachen in landgangsfähige Plünnen getauscht und sind zu EDEKA die bestellten Würste und Steaks abholen. Der Rückweg war nicht einfach. Die Tasche war schwer. Auf der einen Seite der lange Jan und an der anderen Seite der kleine Heinz. Die Tasche schaukelte nur. Auf der Pier ist der Grill aufgebaut und die Kohle glüht schon. Ralf und Rene geben sich alle Mühe die Hungrigen zu versorgen. Lutz hat Bohnensalat, Kartoffelsalat und Kräuterbutter zubereitet. Es schmeckte allen sehr gut. Der Abschiedsabend wurde bei sehr guter Stimmung recht lang. Jens hatte in Stralsund zu tun und besuchte uns noch an Bord.
Mittwoch, 28.06.2017, die Fahrt geht zu Ende. Gernot am Ruder, Micha St. als Ausguck und Roland auf dem Achterdeck. Eine schöne, auch etwas anstrengende Fahrt geht zu Ende. Um 10:00 Uhr ist die GREIF an der Südmole in Greifswald Wieck fest. Gruppenfoto, Verabschiedung, Reinschiff, Leergut in die Strandkorbhalle usw. Nach zwei Wochen auf See ist doch eine ganze Menge ab- und wieder aufzurüsten. Um 13:00 Uhr bin ich von Bord und freue mich auf meine Familie und mein Bett.
Reisebericht von Heinz Thomas
Bilder zum Reisebericht
geschrieben am: 17. November 2017 von Heinz Bartsch